Siegel 1460
Siegel 1570
Siegel 2010
Das Neue Testament wurde von den vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Jonannes geschrieben. In der christlichen Ikonographie wurde Matthäus als Mensch symbolisiert, Markus als Löwe, Johannes als Adler und Lukas als Stier. Dieser Stier ist es, der sich im Zentrum des Siegels der Medizinischen Fakultät befindet.
Weil Lukas in der Bibel als Arzt bezeichnet wird, wählten die Ärzte ihn vielerorts zu ihrem Schutzpatron. So bot es sich zugleich an, den Stier zum Symbol einer Medizinischen Fakultät zu machen. Die Basler Fakultätsgründer waren nicht die ersten, die auf diese Idee kamen. Vermutlich folgten bei ihrer Wahl den Kollegen der Medizinischen Fakultät Erfurt, die bereits 1417 den Stier in ihr Wappen aufnahmen. 27 Basler hatten vor der Eröffnung der Universität Basel in Erfurt Medizin studiert, fünf Dozenten der jungen Fakultät kamen aus Erfurt. Gut möglich, dass sie es waren, die den Stier nach Basel brachten.
Im ursprünglichen Siegel steht der geflügelte Stier vor einem geöffneten Buch, dem Symbol der Bibel wie allgemein der Gelehrsamkeit. In dem Buch stand LV/KAS // ME/DI/CUS zu lesen. Auf einem nur wenig jüngerer Siegelstempel – seine Herstellung ist für die Jahre 1570/71 in Schriftquellen belegt – hält der Stier mit den Vorderbeinen ein offenes Buch, wieder mit der Inschrift LV / KAS // ME / DI / CVS. Es ist unklar, warum die Fakultät 1570/71 diesen Siegelstempel herstellen liess, hat sich doch ein sehr ähnlicher Stempel aus dem 15. Jahrhundert bis heute erhalten; vielleicht war der alte Stempel verübergehend verlegt worden.
2010 wurde das Siegel modernisiert: das Bild wurde entrümpelt, die Linien wurden vereinfacht, der Rand auf eine einfache Kreislinie reduziert und die Inschrift in einer serifenlosen Schrift gesetzt. In der aktuellen Fassung liegt vor dem Stier immer noch ein geöffnetes Buch, dort aber findet sich kein Hinweis mehr auf den Evangelisten. Seines theologischen Inhalts weitestgehend entledigt, steht das Siegel heute vor allem für das ehrwürdige Alter der Medizinischen Fakultät.
Bildnachweis: HMB – Historisches Museum Basel, Foto: P. Portner