Die Reihe der Ordinarien

In dieser Sektion wird die Geschichte der Medizinischen Fakultät in Form der Entwicklung der verschiedenen Fächer und ihrer Vertretenden en detail greifbar. Die hier versammelten Portraits konzentrieren sich auf die medizinischen Aspekte und lassen die übrigen Facetten der Persönlichkeiten zumeist ausser acht. Durch die Konzentration auf das Medizinische können viele unterhaltsame Geschichte leider nicht zur Sprache kommen.

So war zum Beispiel der Basler Ordinarius Friedrich Miescher (1855-1871) nicht nur ein geachteter Fachmann, sondern auch als Solist in Haydns Schöpfung geschätzt. Ein anderer (Andreas Werthemann 1937-1967) besass zu seiner Zeit das einzige Cembalo in Basel und war viele Jahre Präsident des Basler Musikvereins. Er glaubte, seine grösste wissenschaftliche Leistung sei die Identifizierung des Schädels von Erasmus von Rotterdam, siehe Bild. Ablebenshalber blieb es Werthemann erspart zu erfahren, dass seine grosse Entdeckung eine Fehlinterpretation war. Die von ihm angewandte Technik immerhin, das Schädelskelett in Abbildungen von Erasmus zu projizieren, kann als Vorläufer der heute in der Rechtsmedizin vielfach eingesetzten digitalen Gesichtsrekonstruktion angesehen werden.

Einstein verdankte rund sieben Jahre seines Lebens dem Basler Ordinarius Rudolf Nissen (1952-1967). Nissen umwickelte dessen Bauchaortenaneurysma mit Cellophan und regte den Körper so zu einer Abstossungsreaktion an, durch die sich die Aussackung weitgehend zurückbildete. Das Genie könnte auf diese Weise sieben Lebensjahre gewonnen haben, heisst es. Nissen verteilte Krawatten an Studenten, wenn sie ohne eine solche einen Patienten oder eine Patientin untersuchen wollten. Andere wiederum machten sich zusätzlich einen Namen als Lokalpolitiker (H. Löffler 1965-1986). Doch diese Leistungen und Interessen der Lehrstuhlinhaber, die uns sicher die Persönlichkeiten näher gebracht hätten, bleiben hier (leider) unerwähnt.

Die hier gewählte Darstellungsfom hat darüber hinaus den Preis, dass sie alle Mitarbeitenden – akademische und nicht-akademische – unerwähnt lässt, die am Erfolg von Lehre und Forschung über die Jahrhunderte wesentlichen Anteil hatten. Sie waren es, die – oft mehr als die Ordinarien – die Studierenden für den Arztberuf begeisterten oder ihnen eine bestimmte Fachrichtung nahe brachten. Drei Beispiele müssen hier genügen, um exemplarisch die besonderen Leistungen dieser "Gruppierungen" anzudeuten: 

Josef Klingler (1888-1963) entwickelte als Präparator in der Anatomie Hirnpräpatationstechniken, die die Grundlage für Hirnatlanten bildeten und damit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Stereotaxie leisteten. Für diese Arbeiten wurde ihm der Ehrendoktor der medizinischen Fakultät verliehen.

Martha Pfannenschmid (1900-1999) arbeitete als Malerin und Illustratorin in Basel, an der Medizinischen Fakultät als Laborantin, als technische Assistentin und als Illustratorin an der Rechtsmedizin. Dort fertigte sie Abbildungen forensicher Untersuchungen und eine Reihe von Lehrtafeln an, bei denen unterschiedliche unnatürliche Todesarten und ihre Symptome dargestellt sind. Desweiteren arbeitete sie als Illustratorin für Johanna Spyris Heidi-Bücher und Carlo Collodis Pinocchio-Geschichten.

Prof. Zarko Dolinar (1920-2003) war Träger des Ehrentitels "Gerechter unter den Völkern", der ihm für die Rettung von Juden während des Naziregimes in Kroatien von der Gedenkstätte Yad Vashem verliehen wurde. Gleichzeitig war er einer der erfolgreichsten Tischtennisspieler Jugoslawiens. Er gewann acht Medaillen bei Weltmeisterschaften und wurde 1954 Weltmeister im Doppel. Auch besass er eine mehrere 10'000 Exemplare umfassende Autografensammlung von Politikern, Künstlern und Sportlern.


Literaturangaben:

  • Erzählte Erfahrung: Alumni der Medizinischen Fakultät der Universität Basel, (Red.: Michael J. Mihatsch, René Fröscher), Basel 2005
  • Vagantes Basilienses: Norwegische Ärzte und Zahnärzte, die in Basel von 1950-1980 ausgebildet wurden.
  • Finnenbuch