1900 bis heute (mit einem kurzen Halt um 2012)

In der Entwicklung der Medizinischen Fakultät im 20. Jahrhundert spiegelt sich der allgemeine, rasante Fortschritt in der medizinischen Forschung und Technologie wider. So kamen seit 1900 zunächst die Dermatologie, Rechtsmedizin und Pharmakologie neu dazu, in den 50ern die Radiologie und Neurologie, in den 60ern die Orthopädie, die Pathopsychologie (heute Molekulare Medizin) und die Neurochirurgie, in den 70ern die Kinderchirurgie, Urologie und Anästhesie, in den 80ern die Kinder- und Jugendpsychiatrie und in 90ern schliesslich die Geriatrie, Innere Medizin , Kardiologie und die Psychiatrische Polyklinik. Dieser Prozess der Ausdifferenzierung trägt dem wissenschaftlichen Fortschritt Rechnung, der seinerseits als ein Ausdifferenzierungsgeschehen angeschaut werden kann. Während vielen Medizinern vor Andreas Vesalius kaum die menschliche Anatomie nur aus Büchern und höchst schemenhaft bekannt war, können wir heute unterschiedliche Formen einer und derselben Krankheit sehen und ihre Wechselwirkungen mit den individuellen Charakteristika einer spezifischen Patientin oder eines spezifischen Patienten so genau beschreiben, dass massgeschneiderte und daher erfolgreichere Behandlungen angewendet werden können.

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Endlich: Die erste Dekanin

Die erste Frau im Amt der Dekanin war Prof. Annetrudi Kress. Sie wurde 1935 in Basel geboren, machte, nach dem Schulabschluss eine Lehre als Laborantin in Zoologie und Anatomie und fand dann eine Anstellung am Zoologischen Institut der Universität Basel. An Abendgymnasien bereitete sie sich auf die eidgenössische Matur vor. Nach der Matur  im Jahre 1960 studierte sie ein breites Fächerspektrum mit dem Hauptfach Zoologie, begleitet von Botanik, Chemie und Geologie-Paläontologie. Ihre Dissertation schrieb sie bei Adolf Portmann von 1964 – 1967 über marine Mollusken aus der Gruppe der „Opisthobranchier". Die Forschung erfolgte in der marinen Forschungsstation in Plymouth (UK). Nach erfolgreicher Promotion wurde sie Assistentin am Anatomischen Institut der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, das von Kurt Siegfried Ludwig, dem späteren Ordinarius für Anatomie in Basel, geleitet wurde. Mit der Berufung von Ludwig nach Basel kehrte sie 1973 ebenfalls ach Basel zurück. 1979 kam dann die Habilitation an der Medizinischen Fakultät Basel mit dem Thema: Vergleichende Oogenese bei Amphiebien und Säugern.1987 wurde sie zur vollamtlichen Extraordinaria ernannt.

Kurz vorher (1986) hatte sie in der Administration der Universität als Mitglied in der gesamtuniversitären Koordinationskommission zu arbeiten begonnen, die sie von 1992–1996 auch präsidierte. 1996–1997 war sie designierte 1997–1998 dann Dekanin der Medizinischen Fakultät. 1998 wurde sie zur Vizerektorin für Lehre und berufsbegleitende Weiterbildung gewählt. Das Amt bekleidete sie bis zu ihrer Emeritierung 2002. Von 2009 bis 2019 war sie auch als Mitglied der Ombudsstelle der Universität tätig.

Annetrudi Kress hat in Ihrer Amtszeit alle grossen Reformen in der Medizinischen Fakultät und der Universität umgesetzt und mitgestaltet. Zuerst kam die Studienreform nach Rossi. Anschliessend ging es an die Umsetzung der Hayek-Studie, die im Vorfeld der Unabhängigkeit der Universität und des Universitätsvertrags mit dem Kanton Baselland (Universität beider Basel) durchgeführt wurde. Darauf folgte die Umsetzung des neuen Universitätsstatuts und die Reorganisation des Rektorats. Annetrudi Kress war eine der ersten Frauen, die sich an der Medizinischen Fakultät habilitiert haben, die erste Frau im Amt des Dekans und die erste Extraordinaria. Bis zu ihrer Wahl war das Amt des Dekans nur Ordinarien vorbehalten.

Neben ihrem Engagement in der Administration verfolgte sie ihr zentrales Forschungsthema, das der Embryologie, Histologie und Ultrastruktur des weiblichen Genitales galt über ihre Emeritierung hinaus. Daneben galten ihre Sympathien vor der Biologie der marinen Opisthobranchier (Mollusken).

 

Zwischenhalt

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts hatte die Gliederung in "Ordinariate und Extraordinariate" ausgedient. Stattdessen wurde 2012 die Bezeichnung  "Professur/Asscociate Professor" für die an der Uni angestellten Professoren eingeführt. Diese Umbenennung ist, unter anderem, ein Symptom der Globalisierung der Wissenschaften und der mit ihr nötig werdenden Vergleichbarkeit von Leistungen und Titeln. Für den Bereich der Kliniken wurde die Bezeichnung "Klinische Professur" für unbefristete Professuren mit einem universitären Anteil von 40 – 80 % eingeführt. Die Liste der strukturellen Professuren mit Zuordnung zu den Fachbereichen (Lehre) und Departementen (Forschung) sowie die alphabetische Liste der strukturellen Professuren finden Sie hier: https://medizin.unibas.ch/de/fakultaet/organisation/gruppierungen/

 

Flexibilität im Zeitalter des permanenten Wandels

In dieser Ausdifferenzierung der Ordinariate bzw. Lehrstühle bildet sich letztlich eine übergreifende, jahrhundertelange Annäherung zwischen der Medizin und dem menschlichen Körper ab, die mit Paracelsus und Vesalius begonnen hatte. Von einem sehr groben, allein auf Überlieferungen und Hörensagen beruhenden Bild der menschlichen Körper und Leiden ausgehend hat die Medizin allmählich  ein hochdifferenziertes Verständnis entwickelt. Statt von Ungleichgewichten zwischen vier Körpersäften sprechen wir heute von tausenden verschiedenen Ursachen von Krankheiten und Leiden. An die Stelle einiger weniger Behandlungsmethoden ist nun eine Fülle diagnostischer, therapeutischer und rehabilitatorischer Massnahmen getreten, die individuell auf verschiedene Geschlechter, Lebensalter und individuelle Charakteristika zugeschnitten werden. Zieht man diese, zugegebenermassen etwas begradigte, Linie in die Zukunft weiter, so kommen wir direkt zur personalisierten Medizin, also an einen so weit ausdifferenzierten Werkzeugkasten, dass jede einzelne Person auf eine ihr optimal angemessene Art und Weise behandelt werden kann. Auch diese Fragen werden an der Medizinischen Fakultät behandelt, und zwar am Zentrum Personalized Health Basel, dessen Ziel es ist, "translationale Forschung, personalisierte Gesundheit und Präzisionsmedizin zum Nutzen der Patienten, der Forschung und der Gesellschaft zu fördern und unterstützen."

 

Gegenwart und Zukunft

Wenn Sie mehr über die Gegenwart und Zukunft der Medizinischen Fakultät wissen möchten, rufen Sie einfach unsere Hauptseite auf. Dort werden Sie sehen, dass die Medizinische Fakultät nach wie vor ein Motor einer optimalen Gesundheitsvorsorge der Bevölkerung ist, dass und wie sie sich für Diversität, Nachhaltigkeit und Qualitätssteigerung engagiert und also, wie die Zukunft der Medizin einmal aussehen wird.