Kinderklinik
1846–1868 Carl Streckeisen-Ehinger (1811–1868)
Als Anna Elisabeth Burckhardt-Vischer (1783–1857) 1846 im Nebenhaus ihres Wohnsitzes an der St. Johanns-Vorstadt 23 – dort, wo heute die Schanzenstrasse einmündet – ein kleines Spital für kranke Kinder einrichtete, übernahm ihr Verwandter Carl Streckeisen die medizinische Behandlung der Kinder. Er war 1844 nach Weiterbildungs- und Wanderjahren nach Basel zurückgekehrt, um eine Praxis zu eröffnen. Basel war die erste schweizerische Universität, die ihren Studenten Vorlesungen über Pädiatrie bot. Streckeisen war nicht nur seit 1852 ausserordentlicher Professor, sondern auch Lehrer am Missionshaus, Waisenhausarzt und Stellvertreter des Professors für Chirurgie. Er war in den Bereichen der Ophthalmologie, Otorhinolaryngologie, Chirurgie, Orthopädie und Pädiatrie tätig. Insbesondere kämpfte er gegen Infektionskrankheiten und widmete sich der Behandlungen von Missbildungen und orthopädischen Fehlbildungen. Nach dem Tod der Gründerin des "Kinderspitäli" erstellte er die Pläne für ein eigentliches Kinderspital. 1862 wurde diese erste Kinderklinik der Schweiz als Musterbau am rechten Rheinufer eröffnet. (siehe auch www.altbasel.ch)
1868–1912 Eduard Hagenbach-Burckhardt (1840–1916)
Nach Carl Streckeisens Tod 1868 wurde in gemeinsamer Wahl durch die Fakultät und die Kommission des Kinderspitals der 1864 promovierte Basler Eduard Hagenbach-Burckhardt als Leiter des Kinderspitals und als Dozent für Kinderheilkunde eingesetzt. 1872 wurde er Extraordinarius und 1888 Ordinarius. Regelmässig publizierte er im Jahrbuch für Kinderheilkunde und im Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte aus verschiedenen Gebieten der Kinderheilkunde. Am bekanntesten wurde seine Monografie über Pertussis (Keuchhusten). Über sein akademisches Wirken hinaus erstreckte sich seine Tätigkeit auf die präventive Kinderheilkunde und die Hygiene des Kindesalters.
1912–1938 Emil Wieland (1867–1947)
Als Eduard Hagenbach zurücktrat, wählten die Behörden Emil Wieland zum ausserordentlichen Professor für Kinderheilkunde und zum Direktor des Kinderspitals, das er durch seine Arbeit schon lange bestens kannte. Sein bedeutendstes Werk war die "Abhandlung über die Lehre der sog angeborenen Rachitits". Es ging um die Kuppenerweichungen am Schädel von Neugeborenen, d. h. angeborene Defekte, die als "Kuppendefekt" oder "Wieland’sche Weichschädel" bezeichnet wurden. Neben dem Forschungsgebiet der Knochenkrankheiten widmete er sich zudem auch der Pathologie der Schilddrüsenveränderungen. Auch die Prophylaxe war im sehr wichtig. So setzte er sich für die Kinderheilstätte Langenbruck ein. Beim Um- und Neubau des Kinderspitals integrierte er eine Säuglingsstation. 1934 schufen die Einwohnergemeinde Basel-Stadt und die Stiftung Kinderspital in Basel die Gemeinschaft "Basler Kinderspital" als öffentlich-rechtliche Anstalt. Damit wurde das Kinderspital sowohl zur Heilanstalt für kranke Kinder wie auch zum klinischen Unterrichtsinstitut der Universität. Folgerichtig wurde die Pädiatrie 1937 als gesetzlicher Lehrstuhl festgeschrieben.
1939–1954 Ernst Freudenberg (1884–1967)
Für die Pädiatrie in Basel erwies sich die Wahl von Ernst Freudenberg zum ärztlichen Leiter des Kinderspitals 1939 als grosse Chance. Er zählte zu den Pionieren der Kinderheilkunde in Deutschland, hatte in Marburg die Universitäts-Kinderklinik gegründet und war Professor für Kinderheilkunde an der dortigen Universität. Wegen der jüdischen Abstammung seiner Frau wurde er zwangsweise in den Ruhestand versetzt. So setzte sich Emil Wieland im Hinblick auf seine Emeritierung für Ernst Freudenberg als seinen Nachfolger ein. In Basel wurde er infolge des neuen Universitätsgesetzes von 1937 der erste ordentliche Professor für Pädiatrie. Freudenbergs Forschungen über Rachitis und Tetanie, über die Ernährung des Kindes oder über Stoffwechselkrankheiten verliehen ihm einen internationalen Ruf und brachten ihm zahlreiche Ehrungen ein. Er förderte die Zusammenarbeit mit Instituten und Kliniken innerhalb und ausserhalb Basels und leitete die Redaktion des "Jahrbuch für Kinderheilkunde", der ältesten kinderärztlichen Zeitschrift, die er zu den international anerkannten "Annales Paediatrici" umgestaltete. Bei seinem Rücktritt im Jahre 1954 gab es am Kinderspital Basel bereits eine Reihe von gut etablierten Spezialgebieten wie Infektiologie, Neonatologie, Kardiologie, Nierenkrankheiten, Stoffwechsel und Ernährungsstörungen sowie die Radiologie. (siehe Wikipedia)
1954–1968 Adolf Hottinger (1897–1975)
Adolf Hottinger war bereits als Nachfolger von Emil Wieland im Gespräch. Nach dem Rücktritt Ernst Freudenbergs wurde ihm 1954 das Ordinariat für Pädiatrie übertragen und er übernahm die ärztliche Leitung des Spitals sowie die Chefarztstelle. Der auch künstlerisch interessierte, fest in Basel verwurzelte einstige Zürcher Bankierssohn vermochte durch seine frei und geistreich vorgetragenen Vorlesungen zu faszinieren. An den Nachmittagen betrieb er eine Privatpraxis in seinem Haus am Petersplatz. Unter seiner Leitung weitete sich das Kinderspital beachtlich aus. Besonders hervorzuheben sind in seiner Ära die Angliederung einer kinderpsychiatrischen Abteilung und eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Vertretern der Randgebiete der Kinderheilkunde. Hottinger war 1961 Dekan der medizinischen Fakultät.
1968–1992 Gerhard Stalder (1923-2013)
Die Regierung wählte den langjährigen Mitarbeiter von Arnold Hottinger Gerhard Stalder zum Nachfolger. In den Jahren 1975/1976 war er Dekan der Medizinischen Fakultät. Unter seiner Leitung wurden viele Spezialgebiete, wie Stoffwechselkrankheiten, Atmungsstörungen, Neurologie, Hämatologie/Onkologie, Kardiologie etc. ausgebaut und leitende Stellen geschaffen. Virologisch-immunologische Laboratorien wurden aufgebaut. Aufgrund von neuen Erkenntnissen über den Hospitalismus, die negativen körperlichen und psychischen Begleitfolgen eines langen Krankenhausaufenthalts, führte er als zentrale Neuerung die tägliche Besuchszeit ein und konnte so das Misstrauen der Eltern gegenüber dem Spitalbetrieb abbauen. Die ungarische Kinderärztegesellschaft und die Süddeutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde ernannten Stalder zu ihrem Ehrenmitglied. Zu seinem Abschied wurde 1992 ein sehr gut besuchtes internationales Symposium über die "Bedeutung der Gentechnologie für die Pädiatrie" im Kongresszentrum des benachbarten Pharmakonzerns Roche organisiert.
1993–2010 Urs Beat Schaad (geb. 1945)
Nach einem zweijährigen Studien- und Forschungsaufenthalt an der Southwestern Medical School in Dallas, Texas, etablierte Urs Beat Schaad die Abteilung für Infektionskrankheiten an der Berner Kinderklinik. 1993 wählte ihn der Basler Regierungrat zum ordentlichen Professor für Pädiatrie und zum Chefarzt der Pädiatrischen Klinik und Polikliniken an die Universität. Er definierte die Ziele der pädiatrischen Zentrumsklinik neu. 1996 wurde er ärztlicher Direktor des gesamten Basler Kinderspitals. Seine Schwerpunkte lagen auf der der Infektiologie und der Vakzinologie. Seine Interessen galten neuen antimikrobiellen Arzneimitteln, und ganz besonders der bakteriellen Meningitis, den Pseudomonas-Infektionen bei Patienten mit zystischer Fibrose, der immunologischen Abwehr von mikrobiellen Krankheitserregern und damit der Impfprophylaxe. Ende 1995 fällten die Regierungsräte beider Basel den Grundsatzentscheid für die Zukunft der beiden Kinderspitäler in Basel-Stadt und Basel-Landschaft. 1999 wurde das neue Universitäts-Kinderspital Beider Basel (UKBB) unter gemeinsamer Führung mit zwei Standorten als selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Trägerschaft tätig. Im August 2001 wurde entschieden, dass das künftige UKBB auf dem Schällenmätteli in Basel errichtet werden soll, nachdem die Neugeborenenabteilung bereits in die unmittelbare Nähe der alten Universitätsfrauenklinik gezügelt war. Kurz vor der Eröffnung des Neubaus an der Spitalstrasse – wie das alte Kinderspital 1862 wiederum ein architektonisches Musterbeispiel – wurde Urs Beat Schaad emeritiert. Das Thema des internationalen Symposiums lautete "Pädiatrische Infektiologie in 5 Kontinenten" und umfasste renommierte Referenten. Schaad ist engagiert in der Stiftung Kinderhospiz Schweiz.