Zur Geschichte des Instituts für Sport und Sportwissenschaften der Universität Basel (ISSW)

1922 wurde nach langer Vorgeschichte der erste Turnlehrerkurs (TLK) an der Universität Basel durchgeführt. Bereits zwei Jahre danach wurde dieser Ausbildungs-Abschluss durch das Eidgenössische Militärdepartement eidgenössisch anerkannt. Von 1924 bis 2005 wurden in der Schweiz die Eidgenössischen Turn- und Sportlehrer-Diplome (I und II) verliehen.

Dieses bemerkenswerte Engagement in Basel für eine verbesserte Ausbildung der Turnlehrkräfte zeigte sich erstmals im Umfeld der Gründung des ersten Schweizer Berufs-Sportverbandes. So ist 1858 der Schweizerische Turnlehrerverein (STLV) vor allem aufgrund der Initiativen von Friedrich Samuel Iselin (Basel, 1829-1882) und Johann Niggeler (Bern, 1816-1887) gegründet worden. In diesem Zusammenhang gilt es, auch die Funktion des Basler Turnlehrervereins (BTLV), gegründet 1859, zu beachten. Der BTLV und seine ‹Mannen› haben sich in einzigartiger Weise für ihre Mitglieder und deren Ausbildung engagiert. Die spätere Instituts-Gründung an der Uni Basel wäre ohne die Vorleistungen des BTLV und seiner Pioniere kaum denkbar gewesen, zumindest nicht in der damaligen Form und vor allem nicht zu diesem, auch europäisch gesehen, relativ frühen Zeitpunkt.

Auch im ‹Schulturnen› spielte Basel eine führende Rolle: Basel-Stadt war der erste Schweizer Kanton, der das Knabenturnen, bereits im Jahre 1852, und zwar dank einem entsprechenden Schulgesetz, als obligatorisches Schulfach erklärt hatte. Auch das Mädchenturnen, von Adolf Spiess 1844 eingeführt, erhielt nur wenige Jahre danach denselben Status wie das dann ab 1874 durch das EMD mitfinanzierte und so privilegierte Knabenturnen. 
Schliesslich waren es denn auch die Mitglieder des Basler Lehrerturnvereins, die wesentlich dazu beigetragen hatten, dass der erste Turnlehrerkurs einer schweizerischen Hochschule 1922 an der Uni Basel ausgeschrieben und erfolgreich durchgeführt werden konnte. Seither wurden bis 2005 hier Eidgenössische – und in allen Kantonen als verbindlich anerkannte – Diplome für Turn- und Sportlehrer/innen abgegeben. Bis 1936 war die Uni Basel die einzige Ausbildungsstätte dieses Ausbildungszweiges.

Die Aufbauphase der Turnlehrerausbildung an der Universität war von drei wichtigen Personen geprägt: August Frei, Otto Kätterer und Fritz Pieth. August Frei (1874-1962) übernahm 1922 die Dozentur für Methodik und Turngeschichte und wurde der erste Vorsteher des Instituts. Bereits vor dieser Zeit hatte er verschiedene wichtige Turnlehrmittel verfasst und war über lange Jahre hinweg der führende Kopf des Schweizerischen Turnlehrer-Vereins und der Eidgenössischen Turn- und Sportkommission. Neben dem um elf Jahre älteren Privatdozenten Robert Flatt (1863-1955), gilt Frei als einer der Hauptinitianten und Förderer der an der Universität Basel seit 1922 angegliederten Turnlehrerausbildung. Erst 1946, also bereits 72jährig, begab er sich nach unermüdlichem und erfolgreichem Engagement in Pensio. Doch er blieb weiterhin mit der ‹Sache› verbunden und ihr engagiert verpflichtet. Dem 1944 gegründeten Schweizerischen Sportmuseum schenkte er grosse Aufmerksamkeit, zudem nahm er Einsitz im Vorstand der Sport-Toto-Gesellschaft. Noch als 80jähriger verfasste er den «Katalog der die Leibesübungen und deren Grenzgebiete berührenden Bestände des Basler Turnvereins und der Universitätsbibliothek Basel».

Otto Kätterer (1892-1965) wurde 1927 nach Basel berufen, wo er rund zwanzig Jahre lang als Turnlehrer am Lehrerseminar, als Dozent an der Universiät, aber auch als Turninspektor wirkte. 1946 übernahm Kätterer als dritter Leiter der Turnlehrerkurse die Ausbildungsgeschicke in Basel. Nach elfjähriger Amtszeit wurde er von Fritz Pieth (1917-1997), als Lehrgangsleiter abgelöst. Zwischen 1957 und 1983 setzte sich Fritz Pieth an der Uni Basel für eine angemessene universitäre Anerkennung und Integration der Turn- und Sportlehrer-Kurse ein. 1978 habilitierte er sich mit einer Arbeit im Bereich der Schweizer Sportgeschichte. Pieth war seit 1926 der erste Schweizer, der sich für Sportwissenschaft(en) an einer Schweizer Hochschule habilitiert hatte. 1926 war es der Zürcher Naturwissenschafter und spätere Pionier der Turnlehrerausbildung an der ETHZ, Karl Mülly (1877-1960), der an der damals einzigen Schweizer Bundeshochschule die Venia Legendi für «Turnen und Sport und Fragen der Leibesübungen» erlangt hatte. Pieths Hoffnung durch die Habilitation sich selbst zur Verleihung des Titels eines (Titular-)Professors und der Sportwissenschaft in der Schweiz zum Durchbruch zu verhelfen, blieben jedoch unerfüllt.

Das ISSW ab 1984
Von 1984 bis 2005 leitete Rolf Ehrsam das ISSW. Es war, rückblickend, eine Zeit raschen Wandels mit entscheidenden Weichenstellungen. Der Sport in der Schule und die Sportlehrerausbildung waren bis in die 1970er Jahre hinein wie erwähnt eine Sache des EMD und später des EDI, welche die Sportlehrer/innenausbildung in der Schweiz regulierten, obwohl der Bund die Ausbildungsgänge an den Universitäten plaziert hatte. Die Folge war, dass das Turn- u. Sportlehrerdiplom als einziges eidgenössisch anerkannt war – ein eminenter Vorteil für das Fach. Kehrseite war, dass die Universitäten, welche die Sportlehrer quasi im Auftrag des Bundes ausbildeten, selbst wenig bis nichts zur Gestaltung der Ausbildung zu sagen hatten. Dies wiederum erschwerte die Integration des ISSW (und der anderen Institute in der Schweiz) in diejeweiligen Universitäten enorm. So bestand für das ISSW bis ins Jahr 1990 ein Forschungsverbot, und erst im Jahre 2002 wurde das ISSW, das an die Medizinische Fakultät angegliedert war, vollwertig in die Fakultät aufgenommen. Einen wesentlichen Anstoss zu dieser Entwicklung hatten die Aufgabenteilung Bund/Kantone und der neue Finanzausgleich gegeben, in deren Rahmen der Bund seine Hoheit bezüglich Sportlehrerausbildung an die Kantone abtrat.

Allerdings verlief der Integrationsprozess nicht ganz reibungslos. Zwei Versuche, das ISSW an die Pädagogische Hochschule zu verfrachten resp. aus der Medizinischen Fakultät zu eliminieren scheiterten zwar, zeigten aber einmal mehr, dass die ‹akademische" Akzeptanz des Faches an der Universität Basel, wie übrigens auch an vielen anderen Universitäten, nicht ganz unbestritten ist. Hilfreich war hier die Tatsache, dass das ISSW mit der Professur von Uwe Pühse in Sportpädagogik bereits Einiges an Akzeptanz gewonnen hatte.

Einen tiefgreifenden Wandel machte die Ausbildung durch. Stets unbestritten war die zentrale Aufgabe, Sportlehrer/innen für die Schule auszubilden. Mit der eminenten Bedeutung von Sport und Bewegung für die Gesundheit und für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit auch im Alter musste aber die Ausbildung der Fachkräfte zunehmend um Bereiche der Sportmedizin, der Gesundheit und Fitness, der Erhaltung der Leistungsfähigkeit im Alter u.a.m. erweitert werden. Das führte zunehmend zu einem Konflikt zwischen der Ausbildung zum Sportlehrer für die Schule einerseits und zum Sportwissenschafter andererseits, der mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen im Rahmen von Bologna gelöst werden konnte. Das ISSW führte im Jahre 2002 als erstes Institut schweizweit entsprechende Studiengänge ein, die eindeutig auf den Beruf des Sportlehrers resp. des Sportwissenschafters ausgerichtet waren, mit der Möglichkeit, noch während des Studiums Richtungswechsel zu vollziehen. Die Basler Studiengänge wurden sehr gut aufgenommen; die Zahl der Studierenden stieg von 125 im Jahre 1994 auf über 400 im Jahre 2005. Eine weitere Zunahme musste aus Gründen der Ausbildungsqualität mit einem Numerus clausus blockiert werden.

Wichtige weitere Veränderungen in dieser Zeit betreffen u.a. die völlige Gleichstellung von Sportlehrern und -lehrerinnen auch in den sportpraktischen Fächern (z.B. auch Eishockey für die Damen), der Bezug neuer Räumlichkeiten im St. Jakobsareal mit Bibliothek, Computer-Arbeitsplätzen für die Studierenden und einem leistungsphysiologischen Labor im Jahre 2003 und der Aufbau einer institutseigenen Forschung mit entsprechender Publikationstätigkeit.

Im Jahre 2006 wurde die Leitung des Instituts Herrn Prof. Uwe Pühse übertragen.