Geschichte der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik Basel
Geschichte ist nicht linear - sie verläuft vielmehr parallel, überkreuzt sich, hat Brüche, wiederholt sich und dreht Kreise. Die Geschichte der Basler Kinder- und Jugendpsychiatrie ist ein beredtes Beispiel dafür, wie verschiedene Stränge langsam ein Ganzes formen, welches sich schliesslich wieder ausdifferenziert.
Die Anfänge
Die ersten Vorläufer einer Basler Kinder- und Jugendpsychiatrie finden sich schon vor dem 2. Weltkrieg. Der damalige Direktor der Psychiatrischen Klinik, die seinerzeit noch «Friedmatt» hiess, Prof. John E. Staehelin, hatte gelegentlich psychisch schwer gestörte Kinder in der «Frauenseite seiner Privatabteilung der Friedmatt aufgenommen. Außerdem wurden der Friedmatt Mitte der 1940er-Jahre zunehmend durch die Jugendanwaltschaft Jugendliche zur stationären oder ambulanten Begutachtung zugewiesen. Es war also gerade in diesen Nachkriegsjahren unverkennbar: Die Stadt Basel benötigte dringend ein spezialisiertes Diagnostik- und Betreuungsangebot für psychisch auffällige und kranke Kinder und Jugendliche, denn die Erwachsenenklinik und die Poliklinik für die Erwachsenen konnte für diese Kinder und Jugendlichen kaum eine adäquate Struktur vorhalten. Während sich die ambulanten, poliklinischen Strukturen aus der psychiatrischen Erwachsenenpoliklinik heraus entwickelten, haben die stationären Angebote ihren Ursprung letztlich dort, wo schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts kranke Kinder und Jugendliche versorgt wurden: im Basler Kinderspital.
Die kinder- und jugendpsychiatrische Poliklinik
Vor diesem Hintergrund wurde am 1. Dezember 1945 durch Beschluss des Regierungsrats an der psychiatrischen Poliklinik für Erwachsene eine gesonderte Abteilung für Kinder und Jugendliche eröffnet.
Die psychiatrische Poliklinik - seinerzeit eine Abteilung der Friedmatt, der späteren Psychiatrischen Universitätsklinik - war im Gegensatz zur Friedmatt selbst, die am Stadtrand lokalisiert war, fast mitten im Stadtzentrum und in unmittelbarer Nähe zu den Spitälern, in einem unscheinbaren Gebäude am Petersgraben 1. In den ersten sechs Jahren wurde die Kinder- und Jugend-Abteilung durch eine Assistenzärztin, Frau Dr. Dora Gasser geleitet. Sie wurde in ihrer Arbeit unterstützt durch einen zweiten Arzt (Dr. S. Lippmann). Gemessen an dieser Personalausstattung war der Arbeitsaufwand immens, beispielsweise wurden 1950 an 280 Tagen 2025 Konsultationen bei 326 Patienten vorgenommen, also mehr als sieben Konsultationen pro Tag. Anfänglich umfasste die kinder- und jugendpsychiatrische Poliklinik zunächst nur eine Adoleszentensprechstunde, später auch kinder- und jugendpsychiatrische Nachmittage. Die Zuweisung zur Poliklinik erfolgte in den ersten Jahren in rund einem Drittel der Fälle durch die Eltern, jeder fünfte Patient wurde durch einen Arzt (vor allem Kinderärzte) zugewiesen; daneben wiesen aber auch Vormundschaftsbehörden, Anstalten und Heime, Berufsberater, Schulen, Kindergärten und Pfarrämter, Jugendanwaltschaften und Gerichte und andere Fürsorgeinstitutionen Kinder und Jugendliche zu Abklärung und Behandlung zu. Schon in den ersten Jahren zeichnete sich ab, dass ein solches kinder- und jugendpsychiatrisches Angebot nicht alleine für kurze Abklärungen, sondern zunehmend auch für längere Behandlungen beansprucht wird. So verwundert es nicht, dass bereits in diesen frühen Jahren neben der individuellen Spieltherapie in ausgedehntem Masse kleine Spielgruppen-Therapien angeboten wurden (1952 wurden beispielsweise in sechs regelmässigen Gruppen insgesamt 30 Kinder betreut).
Allen modernen Entwicklungen zum Trotz: Von einem stationären Betreuungsangebot war man noch etliche Jahre entfernt, und so mussten Kinder und Jugendliche in besonderen Fällen immer wieder in Beobachtungsstationen und teilweise auch in die Friedmatt eingewiesen werden. Von den 1950 betreuten 326 Patientinnen und Patienten wurden beispielsweise 14 in psychiatrische Beobachtungsstationen und 4 Jugendliche in die Friedmatt eingewiesen, 14 Kinder wurden in Spitäler, Spezial- oder Erziehungsheime überwiesen. Die Diagnosen verteilten sich in den Nachkriegsjahren über das gesamte Spektrum der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit einer deutlichen Häufung (knapp die Hälfte der PatientInnen) bei den «Psychogenen Reaktionen», zu welchen auch Depressionen, Enuresis, Stottern, Pavor nocturnus und «hysterische Reaktionen» sowie «Neurosen» gezählt wurden. 10-20% der PatientInnen zeigten psychopathische Zustandsbilder («sensitive, labile, triebhafte etc.»), ein längst nicht mehr üblicher Begriff, der sich heute am ehesten im Konzept der Persönlichkeitsstörungen wiederfindet. Neben den klinischen Tätigkeiten im engeren Sinne wurden von den zwei Mitarbeitern der Poliklinik zahlreiche Berichte und Gutachten ausgearbeitet, 1950 beispielsweise nicht weniger als 126 Berichte und 22 Gutachten.
Ende 1951 verliess Frau Dr. Nussberger-Gasser die psychiatrische Poliklinik Basel und übernahm per 1952 die Leitung der psychiatrischen Kinderbeobachtungsstation Gotthelfhaus-Biberist.
Die kinder- und jugendpsychiatrische Poliklinik unter Carl Haffter
Von nun an sollte - wie so oft in der Geschichte von Institutionen - ein Name, ein Kopf mit einer Vision die Entwicklung der Basler Kinder- und Jugendpsychiatrie entscheidend und zudem für viele Jahre prägen: Carl Haffter.
Haffter, geboren 1909, seit 1942 Sekundär- bzw. Oberarzt der Friedmatt und seit Mai 1945 Leitender Arzt der Poliklink am Petersgraben, machte sich den kinderpsychiatrischen Bereich nach dem Weggang von Nussberger-Gasser engagiert zu eigen, unterstützt durch eine Assistentin. Er sollte den weiteren Weg der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Basel fortan fast ein Vierteljahrhundert prägen. Haffter hatte sich schon in den Jahren zuvor intensiv mit kinder- und jugendpsychiatrischen Themen auseinandergesetzt und sich auch in Paris und London entsprechend weitergebildet. 1948 hatte er sich mit einer vielbeachteten Arbeit über Kinder aus Scheidungsehen habilitiert.
Haffter brachte rasch neue Ideen in die klinische Arbeit, beispielsweise setzte er sich für die Anwendung des Child-Guidance-Systems ein, was praktisch bedeutete, daß sich zwei oder mehrere Mitarbeiter die Betreuung von Kind und Mutter bzw. Vater teilten. Dies führte zu gänzlich neuen Abklärungsverläufen und zu einer erheblichen Ökonomisierung.
Hatte er die Aufgabe in der Kinder- und Jugendpsychiatrie anfangs noch parallel zur Tätigkeit in der Erwachsenenpoliklinik übernommen, so wurde aber Mitte der 1950er-Jahre überdeutlich, daß die vielfältigen Aufgaben nicht von einem Oberarzt alleine würden bewältigt werden können. Haffters Antrag auf einen zweiten Oberarzt wurde 1955 stattgegeben. Der eingestellte zweite Oberarzt übernahm die Erwachsenen-Poliklinik, und Haffter konnte sich ab Mitte 1955 ausschliesslich der Kinderpsychiatrie zuwenden.
Die kinder- und jugendpsychiatrische Poliklinik etablierte sich in den ersten 20 Jahren ihres Bestehens als feste Einheit. Jährlich wurden rund 250 bis 425 (1951) Kinder und Jugendliche betreut. Dieser Aufwand war nur durch den Einsatz zusätzlicher Kräfte möglich: So waren zeitweise Volontärärzte, Heilpädagogen und Psychologen mit Teilpensen an der Poliklinik beschäftigt.
Haffter hatte den Zug der Zeit erkannt: 1953 wurde die Kinderpsychiatrie als besonderes Spezialfach in die FMH-Bestimmungen aufgenommen, was dem Fach einen gehörigen Attraktivitätsschub verlieh. Und Haffters nicht zuletzt auch darauf begründete Forderung nach zusätzlichen Assistentenstellen verhallte nicht ungehört: 1956 bestand der ärztliche Stab bereits aus einem Oberarzt und vier AssistentInnen. 1973 erhielt Haffter - kurz vor seiner Pensionierung - das neu geschaffene Extraordinariat für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Damit wurde in Basel die zweite akademische Stelle für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Schweiz geschaffen - nur in Zürich unter Lutz hatte man die Notwendigkeit der akademischen Untermauerung des jungen Fachgebiets schon früher erkannt.
Zusammenarbeit mit dem Kinderspital: Konsilien und eine kinderpsychiatrische Sprechstunde
Doch auch an anderem Ort keimte Mitte der 1950er-Jahre die Erkenntnis, dass psychisch auffällige Kinder und Jugendliche spezialisierte Angebote benötigen: Unter dem Chefarzt des Kinderspitals, Prof. Hottinger, wurde bereits im Jahr 1955 die Zusammenarbeit mit der kinder- und jugendpsychiatrischen Poliklinik deutlich gestärkt.Die vor über 50 Jahren gelegten Grundsteine der Zusammenarbeit zwischen Pädiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie bilden bis heute ein solides Fundament: Bis heute besteht ein großer Teil der pädiatrisch-pädopsychiatrischen Zusammenarbeit in breiter konsiliarischer Tätigkeit der Kinder- und Jugendpsychiater im Kinderspital.
In den 1950er Jahren entstand der Wunsch die beiden poliklinischen Angebote zusammenzuführen. Allein: Die Raumnot im Gebäude am Petersgraben 1 war mit den Jahren erheblich geworden, und auch die im Kinderspital eingerichtete kinderpsychiatrische Sprechstunde hatte unter Enge zu leiden. Es mußte also ein neuer Ort für eine gemeinsame kinder- und jugendpsychiatrische Poliklinik gefunden werden. Glücklicherweise wurde für diesen Zweck vom Staat eine Liegenschaft aus Privatbesitz am Schaffhauserrheinweg 55 erworben. 1960 wurde so die kinder- und jugendpsychiatrische Poliklinik schließlich auch räumlich von der psychiatrischen Erwachsenen-Poliklinik abgetrennt. Die Erwachsenenpoliklink wurde von Dr. Jacopo Janner, später von PD Dr. Raymond Battegay übernommen.
Die Kinderpsychiatrische Poliklinik indes konnte in ein wahrlich repräsentatives Haus am Rhein umziehen, fernab von den »Erwachsenen-Kliniken», aber in unmittelbarer Nähe zum Kinderspital und zur seinerzeit von der Poliklinik versorgten Beobachtungsstation im «Sunnehüsli». Dort lagen auch die Anfänge der in Basel intensiv gepflegten Liaisonpsychiatrie.
Eine neue Ära: Dieter Bürgin
1974, nach der Emeritierung von Professor Haffter, übernahm PD Dr. Dieter Bürgin die Leitung der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik (seinerzeit unter dem Namen «PUPKJ» - Psychiatrische Universitäts-Poliklinik für Kinder und Jugendliche) und damit auch das noch junge Extraordinariat. Bürgin setzte erklärtermassen einen zentralen Akzent der Arbeit von Anfang an auf die psychotherapeutische Versorgung der Kinder und Jugendlichen - eine Massnahme, die umso dringender erschien, als es in der ganzen Stadt nur drei niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater gab (heute deutlich über 20). Zu jener Zeit wurden vom Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst bereits etwa 700-800 Patientinnen und Patienten jährlich gesehen. Dabei wandelte sich das Spektrum der Störungsbilder naturgemäß mit gesellschaftlichen Entwicklungen: Die Zunahme suizidaler Patientinnen Ende der 1970er-Jahre, im gleichen Zeitraum vermehrt Drogenprobleme und Abhängigkeit, die vermehrten Fälle von Trennungserfahrungen in den 1980-er-Jahren (1984/85 bei jedem dritten Patienten) seien hier nur stellvertretend genannt.
Erst Mitte der 1980er-Jahre nahm die Zahl der niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater in der Stadt Basel deutlich zu. Dies führte einerseits zu einer Entlastung der Poliklinik, jedoch auch zu einer spürbaren Konzentration besonders schwieriger und komplexer psychosozialer Probleme in der Institution.
Mehrere strukturelle und administrative Änderungen prägten in den 1980er/1990er-Jahren die Geschichte der Klinik. Ende der 1980er Jahre erfolgte die Umbenennung der bisherigen PUPKJ in KJUP, Kinder- und Jugendpsychiatrische Universitätsklinik und -poliklinik Basel-Stadt.
Zum Jahresbeginn 1989 wurde das Extraordinariat für Kinder- und Jugendpsychiatrie in ein Ordinariat umgewandelt. Nun hatte Basel endlich einen Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Nachdem die klinischen Strukturen weitgehend und verlässlich etabliert waren, konnten sich Bürgin und seine Mitarbeiter ab Anfang der 1980er-Jahre zunehmend auch der Herausforderung der kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung (Link zu Forschung) zuwenden. Bis dahin war die Forschungstätigkeit wegen der vielfältigen klinischen Aufgaben deutlich reduziert gewesen, nun aber gelang es, Energie und Ressourcen auch für diesen Bereich zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen der Beschlüsse zum Psychiatriekonzept wurde im Jahr 1989/90 die Kinder- und Jugendpsychiatrische Universitätsklinik und Poliklinik (KJUP) zur dritten, eigenständigen psychiatrischen Institution in Basel (neben der Psychiatrischen Universitätsklinik und der Psychiatrischen Universitätspoliklinik) umgeformt.
1995 erfolgte die Herauslösung der KJUP, die bis dahin gewissermassen zweibeinig einerseits von der Psychiatrischen Universitätsklinik, andererseits vom Kinderspital verwaltet wurde aus der administrativen Verantwortung der Psychiatrischen Universitätsklinik und die alleinige verwaltungsmässige Zuordnung zum neustrukturierten Kinderspital. Diese Neuzuordnung sollte jedoch nicht lange währen: Bereits zum 1. Januar 1999 wurde die Kinder- und Jugendpsychiatrische Universitätsklinik und -Poliklinik eine eigenständige Spitalabteilung des Sanitätsdepartements, weil das Universitäts-Kinderspital (UKBB) seinen Betrieb als selbständige öffentlich-rechtliche Institution unter eigener Trägerschaft aufnahm - die KJUP wurde (analog zu den Verhältnissen im Nachbarkanton Basel-Land) nicht in dieses neue Gebilde integriert. Ungeachtet dieser Verwaltungsveränderung blieben die Akutbetten zur Hospitalisierung von kinder- und jugendpsychiatrischen Patientinnen und Patienten jedoch erhalten; unverändert kümmerten sich ÄrztInnen und PsychologInnen der KJUP im Kinderspital um diese Patientinnen und Patienten, nun gewissermassen als eine vom UKBB «eingekaufte» Leistung im Rahmen vertraglich geregelter Leistungsvereinbarungen. Einige bis dahin von der KJUP verwaltete Bereiche und Mitarbeiter wechselten damit aber administrativ ins UKBB (Spitalpädagogik, Logopädie).
Im Jahr 2004 wurde durch den Kanton die Überprüfung der Strukturen und Angebote der Basler Psychiatrie in Angriff genommen. Hintergrund dieser Überprüfung und Neuordnung bildete eine vermehrte Inanspruchnahme psychiatrischer Leistungsangebote durch die Bevölkerung. In einem ersten Schritt wurden ab 1. Januar 2005 die Kinder- und Jugendpsychiatrische Universitätsklinik (KJUP) und die Psychiatrische Universitätsklinik (PUK) unter dem Dach der neuen Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) organisatorisch zusammengeführt. Damit entstand ein universitäres psychiatrisches Kompetenzzentrum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Im Zuge dieser Neuorganisation wurde auch der Namen KJUP geändert: Fortan hieß und heisst die Klinik nun Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik (KJPK).
Ende 2004 wurde Dieter Bürgin nach über 30 Jahren als Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik Basel emeritiert. Interimistisch übernahm zum 1. Januar 2005 die Leitende Ärztin Dr. Barbara Rost für ein Jahr die Leitung der nun mit KJPK bezeichneten Klinik.
Zum Jahresbeginn 2006 nahm Prof. Klaus Schmeck aus Ulm kommend den Ruf an die Basler Universität an. Die KJPK hatte damit ihren erst vierten Chefarzt in über 60 Jahren.
Doch nicht nur «für» das Kinderspital ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie tätig, sondern in vielfältigen Bereichen auch in gemeinsamer Arbeit «mit» dem Kinderspital. Auf verschiedenen Ebenen wurden ab Mitte der 1990er-Jahre interdisziplinäre Strukturen und Angebote entwickelt, bei welchen MitarbeiterInnen des Kinderspitals gemeinsam mit MitarbeiterInnen der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik auftreten
Und heute?
Mit der Integration in die Universitären Psychiatrischen Kliniken zu Beginn des Jahres 2005 hat die KJPK in der Psychiatrischen Klinik unter der Leitung von Prof. Franz Müller-Spahn einen sowohl klinisch als auch in Bezug auf Forschungsaktivitäten starken Partner bekommen, während gleichzeitig die ohnehin langjährige und gefestigte Verbindung mit dem Universitäts-Kinderspital UKBB durch vielfältige Liaisonvereinbarungen und gemeinsame Projekte weiter ausgebaut wird. Neue Verbindungen sind daneben auch zur Psychologischen Fakultät entstanden.
Veränderungen im klinischen Bereich ergeben sich durch den Aufbau von Spezialsprechstunden in der Poliklinik sowie durch den verstärkten Ausbau von Liaisonvereinbarungen mit verschiedenen pädagogischen Institutionen.
Mit einem Mitarbeiterstamm von rund 80 MitarbeiterInnen erfüllt die KJPK als Teil der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel heute den Versorgungsauftrag für den Kanton Basel-Stadt. Der Mitarbeiterstab besteht aus zahlreichen Fachleuten aus den Gebieten der Kinder- und Jugendpsychiatrie / -psychotherapie und -psychologie, der Kinderkranken- und Psychiatriepflege, der Sozial- und Heilpädagogik sowie der Sozialarbeit und der Psychomotorik.
Heute wie früher werden Kinder und Jugendliche mit Störungsbildern aus dem gesamten Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie angemeldet. Neben besonderen Schwerpunkten mit Spezialsprechstunden (z. B. Autismus-Sprechstunde) wird ein breites Angebot für sämtliche kinder- und jugendpsychiatrische Krankheitsbilder zur Verfügung gestellt. So reicht denn auch die Vielfalt der Anmeldungsgründe von psychischen Erkrankungen wie Angst-, Zwangs- oder Depressionserkrankungen, Psychosen, Sozialverhaltensstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörungen, beginnenden Persönlichkeitsstörungen, tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, Essstörungen und anderen psychosomatischen Störungen bis hin zu Lern- und Leistungsstörungen.
Im Zentrum aller diagnostischen und therapeutischen Bemühungen der Mitarbeitenden der KJPK steht die Wiederherstellung und Förderung des psychischen Wohlbefindens und der Fähigkeit zur Teilnahme an altersgemässen Aktivitäten sowie die Stärkung der persönlichen und familiären Ressourcen der jungen Patientinnen und Patienten. Um dies optimal zu gewährleisten, findet eine enge Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Disziplinen, wie z. B. der Pädiatrie und Neurologie, und mit Spezialistinnen und Spezialisten aus anderen Fachgebieten, wie z.B. der Psychologie, der (Schul)- Pädagogik, der Sonder- und Heilpädagogik und der Logopädie, statt.
Neben den umfangreichen ambulanten und stationären wie teilstationären Betreuungsangeboten wird ein 24-Stunden-Notfalldienst für die Klinik und Notfälle im Kinderspital sowie in den liaisonpsychiatrisch verbundenen Institutionen angeboten. Zurzeit wird die Etablierung eines jugendforensischen und eines familienrechtlichen Schwerpunkts voran getrieben.
Das zunehmend breite Aufgabengebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik umfasst neben der psychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 18 Jahren durch Abklärungsuntersuchungen, Beratungen und stationäre wie ambulante Behandlungen und Therapien auch zivil- und strafrechtliche sowie Versicherungsgutachten im Auftrag von Behörden, Gerichten und Versicherungen, Lehrverpflichtungen in der Aus- und Weiterbildung von Ärzten und Psychologen, Supervisionen und eine breite Forschungstätigkeit.
Geschichte verläuft nicht linear. In den über 60 Jahren ihres Bestehens hat die institutionalisierte Kinder- und Jugendpsychiatrie zahlreiche Wandel, auch Brüche und Schleifen erlebt. Dabei wurde das Angebot zunehmend diversifiziert und spezialisiert, ohne den Blick für das Ganze zu verlieren. Manche Stränge wurden abgebunden, teilweise auch durch schmerzliche, unfreiwillige Einschnitte. Dafür konnten an anderer Stelle neue Strukturen geschaffen werden. Beeindruckend scheint, dass manche Ideen über Jahrzehnte Bestand haben, auch wenn sie mitunter für viele Jahre nicht realisiert werden können; solche Ideen scheinen sich sozusagen immer wieder neu zu erschaffen.
Eine aussergewöhnlich hohe personelle Konstanz bei der Chefarztposition hat viele Entwicklungen erst ermöglicht. Kritisch bleibt anzumerken, dass naturgemäss bei solch hoher Kontinuität möglicherweise andere Entwicklungen auch erschwert oder gar verhindert wurden.
Gemessen an den traditionellen medizinischen Disziplinen steht die Kinder- und Jugendpsychiatrie wenn nicht in den Kinderschuhen, so doch zumindest noch in den Jugendjahren. Gerade darin liegt eine reizvolle Gestaltungs- und Entwicklungs-Chance. Die Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik hat - wie es scheint - ihre Geschichte in wesentlichen Zügen noch vor sich.
siehe Webseite Universitätsgeschichte Basel 1460–2010: Dieses neue Tätigkeitsgebiet entspricht einem dringenden Bedürfnis und wird bad weiter ausgebaut werden müssen