Geschichte des chirurgischen Lehrstuhles an der Universität Basel seit 1960
Der Lehrstuhl für Chirurgie an der Universität Basel hat sich während der letzten fünf Dekaden gewandelt. Dies ist bedingt durch die distinkten, herausragenden Persönlichkeiten der Lehrstuhlinhaber einerseits, und durch die raschen Entwicklungen und teils spektakulären Fortschritte in der Humanmedizin andererseits. Ferner muss auch das Fach Chirurgie vor dem Spiegel wachsender gesellschaftlicher Ansprüche betrachtet werden.
Die letzten Dekaden der Medizingeschichte sind durch einen rasanten Wissenszuwachs gekennzeichnet, der früher ungeahnte therapeutische Mittel und technologische Möglichkeiten erlaubte. Diese beeinflussen vor allem die chirurgischen Disziplinen bis zum heutigen Tag. Beispielhaft sei hier die Organtransplantation erwähnt, welche in den 1960er Jahre einen Aufschwung erlebt hat, nachdem der Problematik des Abstossungsphänomens durch medikamentöse Immunsuppression entgegnet werden konnte. Das Spektrum der chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten wird immer grösser und kann den Bedürfnissen des Patienten individuell angepasst werden. Für gewisse Erkrankungen haben mittlerweile Diagnosestellung und Therapie eine solche Komplexität und Interdisziplinarität erreicht, dass sie heute nur mit einer chirurgischen Spezialisierung und sogar Subspezialisierung im interdisziplinären Zusammenspiel mit den anderen Fächern überhaupt möglich geworden sind.
Bevor die verschiedenen Perioden im Einzelnen dargestellt werden, seien hier die Fragestellungen erlaubt welches die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Persönlichkeiten einerseits, und welches periodenübergreiffende, oder periodenspezifische Entwicklungen andererseits, in dieser 50-jährigen Zeitspanne sind.
Prof. Rudolf Nissen (1896–1981) wurde als 55-jähriger, erfahrener Chirurg auf den Basler Lehrstuhl berufen. Nach seiner Flucht vor dem Nationalsozialismus, die ihn via Istanbul und Boston nach New York geführt hat, war er seit 1944 Associate Professor of Surgery am Long Island College of Medicine (später State University of New York) tätig. Den Ruf auf das Ordinariat der Chirurgie an der Universität Hamburg hat er 1948 abgelehnt; denjenigen auf den Lehrstuhl in Basel hat Rudolf Nissen drei Jahre später hingegen gerne angenommen.
Seine Rückkehr nach Europa beschrieb er in seiner Autobiographie detailliert und bezeichnete das entsprechende Kapitel metaphorisch treffend, «der Kreis schliesst sich». Rudolf Nissen war besonders beeindruckt vom Basler Humor und von der engen Verbindung zwischen Basels Bevölkerung mit seiner Universität. Den Dies Academicus an der Universität Basel analysierend schreibt er in seiner Biographie: «Dem puritanischen Charakter des Basler Lebens entsprechend sind Talar und andere äusserliche Begleiterscheinungen dieser alljährlichen Feier recht anspruchslos».
Rudolf Nissen wird als verhaltene Persönlichkeit beschrieben, die durch eine mit seinem Lehrer Ferdinand Sauerbruch symbolisierte Epoche der Chefpersönlichkeit geprägt war. Er galt als ein im Grunde einsamer, elitärer Mensch, ausgestattet mit einem feinen, gelegentlich leicht sarkastischen Humor und einem ungewöhnlichen Sensorium für die Psychologie seiner Mitmenschen. Dr. Jakob Oeri, ein langjähriger Oberarzt Nissens, äusserte sich zu dessen Persönlichkeit wie folgt: «Es hat Nissen ausgezeichnet, dass er Anerkennung und Vertrauen zu seinen Mitarbeitern und Kollegen hatte, dass er Mut zur Tat hatte aber auch den Mut, allenfalls berechtigte Kritik hinzunehmen. Besonders forderte er von seinen Mitarbeitern, dass den Patienten immer ein liebevolles Verantwortungsbewusstsein entgegenzubringen ist».
Rudolf Nissen war einer der grossen Pioniere der Chirurgie im 20. Jahrhundert. Nach einigen erfolglosen Versuchen der operativen Entfernung eines Lungenflügels durch deutsche und amerikanische Chirurgen, gelang schliesslich Rudolf Nissen 1931 die erste erfolgreiche Pneumonektomie. Auch im Bereiche des Verdauungstraktes war Nissen äusserst innovativ und hat verschiedene neue Operationsmethoden als erster beschrieben. 1932 publizierte er einen atypischen, zweireihigen Verschluss des Zwölffingerdarmes zur Behandlung von komplizierten Duodenalgeschwüren. Die 1933 beschriebene Dickdarm- und Mastdarmentfernung mit kontinenter Wiedervereinigung (Anastomose) zwischen Dünndarm und Anus wurde in den folgenden Jahren verdrängt oder vergessen und erst Jahrzehnte später ins Spektrum der Dickdarmchirurgie integriert.
Er beschrieb zudem die Tumorentfernung am Übergang von Speiseröhre in den Magen mit einem thorakalen Operationszugang durch das Zwerchfell hindurch mit anschliessender kontinenter Anastomose. Zu den innovativen Operationen aus der Basler Zeit ist zunächst 1954 die Magenausgang- erhaltende Magenresektion beim proximalen Karzinom zu erwähnen. Die wohl grösste chirurgische Innovation Rudolf Nissens ist die Manschettenbildung (Fundoplicatio), am Eintrittsort der Speiseröhre in den Magen zur Behandlung der so genannten gastroösophagealen Refluxerkrankung (Sodbrennen).
Diese in Basel erstmals 1955 durchgeführte Operation hat weltweite Verbreitung gefunden und trägt Nissens Namen bis zum heutigen Tag. Aufgrund seiner grossen Erfahrung als Thoraxchirurg schätzte Rudolf Nissen die Vorteile einer guten und störungsfrei arbeitenden Anästhesie. In seiner Biographie schreibt er 1960: «Eine Zusammenarbeit zwischen Operateur und Anästhesist entwickelte sich, die einen erheblichen Anteil an den chirurgischen Fortschritten der letzten beiden Dezenien trägt.» Es erstaunt deshalb nicht, dass Rudolf Nissen einer der ersten Chirurgen in der Schweiz war, der die Anästhesiologie als vollwertiges ärztliches Spezialfach anerkannt hat. Konsequenterweise hat er es zugelassen, dass sich der «Leiter des Anästhesiewesens der Basler Chirurgischen Klinik», Herr Dr. Werner Hügin, 1957 als erster Privatdozent seines Faches habilitieren konnte. Sechs Jahre später wurde PD Hügin zum Extraordinarius befördert. Eine weitere Aufwertung des Faches erfolgte 1979, als Myron B. Laver aus den USA nach Basel als Ordinarius berufen worden ist.Die Anerkennung der Anästhesiologie als eigenständiges Fach erfolgte an den anderen vier Schweizerischen Universitäten später als 1957.
Gerade im Fach der Thoraxchirurgie und demjenigen der sich in den 1960er Jahren rasch entwickelnden Herzchirurgie, zeichnete sich die Notwendigkeit einer Spezialisierung ab. So entstanden in der Aera Nissen neben einer eigenständigen herzchirurgischen Abteilung folgende andere Spezialabteilungen an seiner chirurgischen Klinik: Bewegungsapparatschirurgie, Gefässchirurgie, urologische Chirurgie, plastische Chirurgie, Kieferchirurgie und eine Abteilung für die Nierentransplantation. In einer Kongressansprache äusserte sich Rudolf Nissen als Tagungsleiter 1966 folgendermassen: «Die Bewegung zur Spezialisierung ist unaufhaltsam: Sie hat die psychologische Erscheinungsform des Chirurgen verändert. Er kann nicht mehr der Allwissende sein, und wenn er zur eigenen Wohltat aus dieser Tatsache eine realistische Nutzanwendung zieht, dann wird er auf Gebieten, die ihm Ferne liegen, als intelligenter Zuhörer seiner Mitarbeiter Freude am Lernen neuer Dinge empfinden».
Seine klinisch- chirurgische Weiterbildung genoss Prof. Martin Allgöwer (1917–2007) in Basel, unterbrochen durch Forschungsaufenthalte im In- und Ausland, bei Carl Henschen, Otto Schürch und bei Rudolf Nissen. Bevor er als 50-Jähriger auf den Basler Lehrstuhl berufen worden ist, war Martin Allgöwer Chefarzt der chirurgischen Klinik am Kantonsspital in Chur und stand während mehrerer Jahre der Schweizerischen Krebsliga als Präsident vor.
In seiner Churer-Zeit war Allgöwer mit Patienten besonders konfrontiert, die sich aufgrund von Wintersportverletzungen Knochenbrüche zugezogen hatten und wollte deren Behandlung optimieren.
Zusammen mit dem Orthopäden Prof. Maurice E. Müller und dem Chirurgen Prof. Hans Willenegger, gründete er deswegen 1958 das Labor für Experimentelle Chirurgie in Davos und die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO). Mit der experimentellen Forschung im Bereiche der Knochenbruchheilung, der innovativen Entwicklung von Osteosynthesemethoden, und der integrierten Behandlung von Mehrfachverletzten, erntete Martin Allgöwer grosse internationale Anerkennung und entsprechende Reputation in der Chirurgie. Stets war er auch dem Fache Orthopädie zugewandt und förderte dessen Entwicklung. Am Universitätsspital erlaubte er es, dass eine orthopädisch- traumatologische Abteilung gegründet werden konnte, die abseits vom damaligen Zentrum der Orthopädie im Felix Platter-Spital, sich vor Ort im Akutspital um die Patienten mit Verletzungen am Bewegungsapparat kümmern konnte.
Als Präsident der Schweizerischen Chirurgengesellschaft Mitte der 1970er Jahre konnte Martin Allgöwer zusammen mit Prof. Hermann Fredenhagen als damaligen Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Orthopädie, die Union Schweizerischer Chirurgischer Fachgesellschaften gründen und somit auch die Orthopädie in der Schweiz unter einem Dach chirurgisch tätigen Disziplinen, wissen. Martin Allgöwer verkörperte den chirurgischen Generalisten und war stets überzeugt, dass die Allgemeinchirurgie die ideale Vorbereitung zur späteren Spezialisierung, oder aber auch als Endzielberechtigung Zukunft habe.
Noch als 80-Jähriger äusserte er sich dazu: «Aufgrund 25-jähriger Erfahrung als chirurgischer Ausbildner weiss ich, dass für den chirurgisch auch nur einigermassen Begabten ein integriertes Erlernen der Viszeralen Chirurgie und der Traumatologie möglich ist». Allgöwer vertrat zeitlebens die Meinung, dass Empathie gegenüber dem Nächsten, verbunden mit der William Osler’schen Aequanimitas (d.h. Ausgeglichenheit auch in Stresssituationen) den Charakter eines guten Chirurgen ausmache und nur die Bereitschaft zum uneingeschränkten Einsatz zum Erfolg führe.
Der sich aufdrängenden Spezialisierung mit entsprechender Separierungstendenz der verschiedenen chirurgischen Disziplinen war sich Martin Allgöwer in den 1960er Jahren wohl bewusst. Um alle Spezialdisziplinen trotzdem im gleichen Boot zu wissen, hat er bei seinem Amtsantritt in Basel mit der Gründung des Departementes Chirurgie 1967 eine nachhaltige Entscheidung getroffen. Mit der Zusammenfassung der zwölf damals am Bürgerspital bestehenden chirurgischen Abteilungen zu einem Departement hat er die Idee, die Wissenschaft, die chirurgische Weiter- und Fortbildung sowie den Berufsstand des chirurgisch Tätigen auch mit privaten Mitteln zu fördern und zu stärken, verfolgt. Noch immer konstituieren sich in anderen Spitälern solche Departemente für Chirurgie. Allgöwers Konzept wurde häufig kopiert und ist heute noch so aktuell wie am ersten Tag. Der Zweck dieser Kadervereinigung und der Stiftung des Departementes Chirurgie lautet deshalb: «Förderung der wissenschaftlichen Tätigkeit und der Ausbildung der Angehörigen des Departementes Chirurgie».
Die chirurgische Weiterbildung lag Martin Allgöwer immer am Herzen und er betonte, dass es eine der schönsten Aufgaben eines Vorgesetzten an einem Universitätsspital sei, individuelle Begabungen und charakterliche Voraussetzungen zu erkennen und zu fördern. Die Standardisierung chirurgischer Eingriffe und deren systematischer Vermittlung (also der Basler Chirurgischen Schule) an Jüngere war ihm immer ein Anliegen. Er konzipierte und initiierte deshalb die international bekannten Instruktionskurse für operative Knochenbruchbehandlung und für Gastroenterologische Chirurgie, welche bis heute alljährlich in Davos stattfinden.
Mit Prof. Felix Harder wurde 1983 ein Schüler von Prof. Martin Allgöwer auf den chirurgischen Lehrstuhl berufen. Sein klinisches Denken und Handeln als Lehrstuhlinhaber und Chefarzt war geprägt durch eine ausgesprochen wissenschaftliche Grundhaltung mit der er Probleme objektiv und nüchtern analysierte, intelligent interpretierte und rasch meist mehrere Lösungsvorschläge bereitstellte. Seine Mitarbeiter beeindruckte er durch seinen stets präsenten, wachen Geist und seinem schlagfertigen Witz, oft gepaart mit einer Prise Ironie. Mit seinen schlagfertigen Bemerkungen wusste er sich an den Reaktionen im Gesichtsausdruck und den Gesten seines Gegenübers zu spiegeln. Felix Harder hat erkannt, dass sich die Allgemeinchirurgie – zumindest auf universitärem Niveau – spezialisieren muss, um im fachlichen Wettbewerb bestehen zu können. Den wachsenden Möglichkeiten und der zunehmenden Komplexität einzelner chirurgischer Eingriffe, kann nur mit einer Fokussierung auf definierte Gebiete und einer Vertiefung innerhalb dieser begegnet werden. Mit diesem Ziel restrukturierte Felix Harder seine Allgemeinchirurgische Klinik durch Bildung von drei Abteilungen: Viszeralchirurgie, Traumatologie und Gefäss- respektive Transplantationschirurgie. Der Gesamtklinik und der Abteilung für Viszeralchirurgie stand er selber vor, währenddem die chirurgisch- traumatologische und die gefässchirurgische Abteilung von den beiden Extraordinarien, Prof. Pietro Regazzoni und Prof. Peter Stierli, geleitet worden sind.
Innerhalb der Viszeralchirurgie setzte sich Felix Harder in Klinik, Forschung und Weiterbildung stark für die chirurgische Onkologie ein und hat es erlaubt, dass sich über die Jahre eine eigene Forschergruppe im Bereiche der experimentellen Onkologie etablieren konnte. Ein grosser Verdienst von Felix Harder in der Klinik war die frühe Implementierung der brusterhaltenden Therapie beim Mammakarzinom 1974, zusammen mit dem damaligen Radioonkologen Prof. Reinhard Hünig (1928 – 2001), nachdem italienische und US-amerikanische Forschergruppen zeigen konnten, dass der Brusterhaltung gegenüber der damals als Standard betrachteten Brustamputation im onkologischen Behandlungsresultat keine Nachteile erwachsen waren. Mit der Idee, alle zwei Jahre internationale Experten der onkologischen Chirurgie in die Schweiz zu einem Weiterbildungskurs für postgraduierte Chirurgen einzuladen, hat Felix Harder einen bis heute anhaltenden grossen Beitrag für die chirurgische Weiterbildung auf diesem wichtigen Gebiet der Viszeralchirurgie geleistet.
Was die onkologisch-chirurgische Forschung anbelangt, wurde von Felix Harder in Kooperation mit Prof. Michael Heberer ganz gezielt eine Gruppe von Wissenschaftlern und Klinikern aufgebaut, die sich dem Thema der experimentellen und translationalen Tumorimmunologie verschrieben haben und über die letzten Jahre eine internationale Anerkennung erzielen konnten.
Durch die langfristige Verpflichtung von Prof. G. Spagnoli, dessen wissenschaftlichen Mitarbeitern und durch die Organisation gezielter Auslandaufenthalte von akademisch arbeitenden Chirurgen, konnte die entsprechende Expertise erreicht werden, welche bereits in klinischen Vakzinierungsstudien bei Patienten mit schwarzem Hautkrebs (Melanom) gipfelte.
Es wurde klar, dass nicht nur viszeralchirurgisch tätige Ärzte Ansprüche auf eine strukturierte und institutionalisierte Forschungsabteilung hatten, weshalb sich im Departement Chirurgie weitere Gruppen (Tissue Engineering, Spitalmanagement und zuletzt zelluläre Therapie/Angioneogenese) etablieren konnten. Ein wichtiger Schritt zur offiziellen Anerkennung der chirurgischen Forschung, war die Gründung des Institutes für Chirurgische Forschung und Spitalmanagement, unter der Leitung von Herrn Prof. M. Heberer im Jahre 2001.
Mit Daniel Oertli hat die Medizinische Fakultät der Universität Basel, wiederum einen Chirurgen der «Basler Schule» und Schüler von Prof. F. Harder auf das Ordinariat Chirurgie berufen.
Der Inhaber hat auf dem Gebiet der Tumorimmunologie an der Washington University School in St. Louis, Missouri, USA und später in Basel, experimentell gearbeitet und sich mit dem DNA-Vector Engineering von Antigen-präsentierenden Zellen zwecks einer antitumoralen Vakzination intensiv befasst. Mit diesem Thema habilitierte er sich 1998 an der Universität Basel.
Dass auch sein klinisches Interessensgebiet auf die onkologische und endokrine Chirurgie fokussiert ist, unterstreicht die Tatsache eines klinischen Fortbildungsjahres an der Ludwig-Maximilians- Universität in München am Klinikum Grosshadern, wo Oertli sich besonders mit der Leberchirurgie und mit komplexen onkologischen Resektionen auseinandersetzen konnte. Entsprechend diesem Fokus wird seit 2002 der viszeralchirurgische Schwerpunkt vor allem auf dem Gebiete der onkologischen Chirurgie konsequent weiterentwickelt. Insbesondere wurde das Spektrum hochspezialisierter Eingriffe um diejenigen der hyperthermen Chemo-Perfusion im Bereiche der Extremitäten sowie des Abdominalraumes erweitert. Aufgrund der anspruchsvollen Thematik der gesamten Viszeralchirurgie kann sich heute der Ordinarius für allgemeine und viszerale Chirurgie fachlich nicht mehr mit der Unfallchirurgie beschäftigen. Die chirurgische Traumatologie ist in Basel bereits seit 1999 mit einem Extraordinariat (Inhaber, Prof. Pietro Regazzoni) fakultär verankert.
Daher erscheint es nur logisch, dass die Unfallchirurgie künftig in die Selbstständigkeit entlassen werden kann und deshalb in der Nachfolge von Prof. P. Regazzoni mit einem Oridinariat aufgewertet werden soll. Das Zusammenrücken der beiden operativ tätigen Disziplinen, Orthopädie und chirurgische Traumatologie des Bewegungsapparates in einem seit 2006 praktizierten, gemeinsamen Behandlungszentrum am Universitätsspital hat das Ziel, Synergien zu schaffen, Behandlungsprozesse zu verbessern und letztlich die Therapieresultate bei Patienten mit Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates zu optimieren. Dieses neuartige, gemeinsame chirurgisch-orthopädische Curriculum dürfte sich für den Nachwuchs attraktiv gestalten. Es erscheint zukunftsweisend und ist wohl auch im Sinne von Martin Allgöwer.
Mit fortschreitender Spezialisierung und Subspezialisierung innerhalb der Chirurgie ist erkannt worden, dass die Netzwerkbildung mit verschiedenen Partnerspitälern immer wichtiger wird, damit eine genügende, gemeinsame Patientenzahl erreicht wird, mit welcher eine qualitativ hoch stehende Aus- und Weiterbildung sowie eine entsprechend klinisch orientierte chirurgische Forschung betrieben werden kann. Mit dem Ziel der Stärkung und Professionalisierung der klinischen Forschung in der Chirurgie, hat das Departement Chirurgie eigens dafür eine Stiftungsprofessur initiiert.
Entwicklungen und Perspektiven
Mit dem Ziel, die eingangsformulierten Fragestellungen zu beantworten, können die letzten 50 Jahre Chirurgie in Basel wie folgt zusammengefasst werden:
Als periodenübergreifende Gemeinsamkeiten der Lehrstuhlinhaber darf erwähnt werden, dass alle, die jeweilige Periode prägenden Persönlichkeiten, hervorragende Leistungen und wichtige Innovationen in der Chirurgie vollbracht haben. Unterschiede liegen hingegen bei den Persönlichkeiten selber, aber auch in der Perzeption einer kontinuierlich flacher werdenden Hierarchie. Bei den Entwicklungen im Fach Chirurgie erscheint die zunehmende Spezialisierung ein periodenübergreifender Trend, dessen Potentiale man in Basel frühzeitig erkannt hat. Periodenspezifisch hingegen sind sicherlich die konkreten Fachgebiete und Fragestellungen, in welchen sich diese Trends manifestierten. In diesen letzten 50 Jahren hat sich das Umfeld stark verändert. Die Fortschritte der Chirurgie und deren offene Kommunikation haben zu einer raschen Dissemination der chirurgischen Kompetenzen und Fähigkeiten geführt.
Daraus resultiert, dass heute auch kleinere Spitäler Eingriffe durchführen können, welche früher den Zentren vorbehalten blieben. Die Chirurgie am Universitätsspital kompensiert dies durch Innovation und ständig weiteres Hinausschieben der Schwelle. Dafür benötigt es Forschung und Innovation, was in Basel erkannt und umgesetzt worden ist.
siehe Webseite Universitätsgeschichte Basel 1460–2010: Geschichte des chirurgischen Lehrstuhles an der Universität Basel der letzten 50 Jahre